DIE GEBURT VON VOLVA

Die Bewegende (Volvere)

Die Gebärende (Vulva)

Die Sehende (Völva)

Volvere - die Bewegende


Der Bach drang in den Keller ein und überflutete das ganze Geschoss. Vollständig, bis unter die Decke. Alles war in Bewegung. Alles war voll Wasser und Schlamm. In diesem Keller waren auch meine Diapositive gelagert, aus einer vergangenen und analogen Zeit.

Vulva - die Gebärende


Nach einer mühevollen und langwierigen Rettungsaktion, deponierte ich die Diapositive unter einer Veranda. Geschützt, doch immer noch verbunden mit der Nabelschnur der vier Jahreszeiten. Das fruchtbare Wasser, in Verflechtung mit dem Schlamm aus dem Bach, gingen eine Dyade ein mit der Emulsion der Diapositive. Die Kraft der Zeit tat ihren Rest und gebar, so scheint es mir, ein Wunder.

Völva - die Sehende


Als ich die Diapositive zum ersten Mal sah, nach all den Monaten unter der Veranda, war ich sprachlos und überwältigt ob all der Farben und Formen, die ich erblicken durfte. Wo früher reelle Landschaften und Menschen abgebildet waren, zeigten sich jetzt imaginäre Formen. Es war, als hätte ich einen Einblick in eine Welt fern der uns bekannten erhalten. Als würde ich in ein organisches, fremdes Wesen schauen.


Über ein Jahr lang habe ich danach die Diapositive nur betrachtet, einfach nur auf mich wirken lassen. Viele Künstler, ich gehöre wohl auch dazu, haben den durchdringenden Wunsch, etwas zu erschaffen, Dinge in eine persönliche Form zu bringen. Ich begann mit den Bildern zu experimentieren. Doch jede Kerbe, die ich in die Kunst der Zeit schlug, war unbefriedigend und beseelte mich nicht.


Es war, als müsste ich mich in aller Bescheidenheit vor der Vollkommenheit der Dinge verneigen. Mein Akt in diesem Kunststück war getan. Ich hatte damals lustvoll fotografiert. Das war’s. Es kam mir vor, als müsste ich diese Ich-bin-der-Schöpfer-Illusion verlassen, um eine Verbindung mit etwas Grösserem eingehen zu können.

Impressionen vom Älbach

Die Volva-Originale sind im Jahr 1989 auf einer mehrwöchigen Reise durch China entstanden.

Viele faszinierende Eindrücke hielt ich auf diesen Dias fest. Doch Erinnerungen verändern sich im Laufe der Zeit. So auch diese. Irgendwie war es klar, ich musste wieder zum Ursprung zurück, nach China, um den Volva-Bildern wirklich begegnen zu können.